Erklärt am Beispiel der Corvette C5!
I. Einleitung
Die zu verwendende Treibstoffart bei der Corvette C5 ist immer wieder Gegenstand kontroverser Diskussionen. Oft prallen dabei Vorurteile bezüglich vermeindlich einfacherer amerikanischer Technik auf möglicherweise divergierende Herstellerangaben einerseits und Berichte von Prüfstandbetreibern andererseits. Dieser Aufsatz soll einen kleinen Überblick über den Problemaufriss verschaffen.
II. Herstellerangabe(n)
Zunächst scheint es schlüssig auf die Angaben des Herstellers abzustellen. Gleichwohl wirft dies die Frage auf, welche Angabe denn die Richtige ist. So weicht die Empfehlung im "Owners Manual", also der Bedienungsanleitung der US-Version, auf den ersten Blick deutlich von der der EU-Version ab.
1. US-Version
Ein Blick in das Handbuch einer 2001er C5 verrät in Section 6-3 (Externer Link: www.corvetteactioncenter.com), dass 91 Oktan oder besser empfohlen, mindestens aber 87 Oktan benötigt werden.
2. EU-Version
Das deutsche Handbuch (Stand: 01GER02) spricht hingegen auf den Seiten 202-203 zunächst eine Empfehlung für Superkraftstoff nach DIN aus (dies entspricht 95 Oktan) und verlangt zudem im Notfall mindestens 91 Oktan.
3. Stellungnahme
Eine Unstimmigkeit zwischen den Angaben liegt nur dann vor, wenn beide Handbücher mit der Bezeichnung "Oktan" das Selbe meinen. Die Oktanzahl wird in einem Einzylinder-CFR-Prüfverfahren mit einem Versuchsmotor ermittelt. Dabei wird der Kraftstoff mit bekannten Treibstoffen verglichen. Je nach Verfahren wird die ermittelte Oktanzahl als Research-Oktanzahl (ROZ) oder Motor-Oktanzahl (MOZ) bezeichnet. Die MOZ eines Treibstoffes ist regelmäßig deutlich geringer als die ROZ.
In Deutschland versteht man unter der Oktanzahl die sogenannte Research-Oktanzahl (ROZ). In den USA versteht man unter Oktanzahl das arithmetische Mittel aus ROZ und MOZ. Untenstehende Übersicht stellt die Angaben gegenüber:
ROZ (EU-Angabe) |
MOZ |
(ROZ+MOZ)/2 (US-Angabe |
91 | 82,5 | ~87 |
95 | 85 | 90 |
98 | 88 | 93 |
Anhand derer erkennt man:
III. Praxiserfahrungen
Auf modernen Leistungsprüfständen können Motoren kontrolliert und abgestimmt werden. Neben den üblichen Messdaten wie Radleistung, Motordrehzahl, Umgebungsdruck, -temperatur, -luftfeuchtigkeit und Ansaugtemperatur, kann mittels einer Breitbandsonde im Abgasstrahl die Gemischaufbereitung überwacht werden. Eine entsprechende Software vorausgesetzt lassen sich zudem über die OnBoard-Diagnoseschnittstelle (OBD II) Fahrzeugdaten wie Zündzeitpunkt, Tätigkeit des Klopfsensors usw. auslesen.
Entscheidend für die Wahl des Treibstoffes ist neben dem Fahrprofil somit die "Klopfneigung" des Motors. Im Motorsteuergerät sind in einem Kennfeld für alle Drehzahlen und Lastzustände Zündwinkel hinterlegt. Mit diesem Zündwinkel wird die maximale Leistung und der minimale Verbrauch erreicht. Wird dem Motor nun über die Klopfsensoren eine mangelhafte Klopffestigkeit des Treibstoffes, so wird der Zündwinkel verschoben. Es kommt zu Leistungsverlusten und Mehrverbrauch.
Klopfen tritt dabei vor allem im Drehzahlbereich um den Punkt des maximalen Drehmomentes (~4.000) herum auf, aber auch bei hoher Last bei niedrigen Drehzahlen und dem Schalten in den nächst höhren Gang.
Problematisch sind in dem Zusammenhang jedoch auch die Klopfsensoren. Diese nutzen analoge Filter.
Messreihen durch Till Kühner (externer Link: Dyno-Center) ergaben, dass es bei der C5 mit 95 ROZ (Super) zu Klopfen kommt. Dieses ist nur noch ganz vereinzelt mit 98 ROZ (Super+) nachweisbar und mit 100 ROZ (Aral/Shell) gänzlich verschwunden.
IV. Empfehlung
Welcher Treibstoff getankt wird ist demnach eine Frage des Fahrprofils. Dem eher ruhigen Fahrer wird Super 95 ROZ ausreichen. Alle anderen sollten mindestens Super+ 98 ROZ tanken. Das in Deutschland kaum noch zu beziehende Normalbenzin 91 ROZ ist hingegen nur im absoluten Notfall geeignet
V. Weiterführende Informationen
Das Motorsteuergerät der Corvette hat zwei Kennfelder, in denen Zündwinkel hinterlegt sind. Eines ist äußerst konservativ und trägt schlechtem Sprit Rechnung. Das andere ist für sehr guten Kraftstoff ausgelegt. Diese beiden Kennfelder werden nun vom Motorsteuergerät je nach Aktivität der Klopfsensoren gemischt. Kühner spricht dabei (externer Link: Beitrag im Corvetteforum.de) von folgendem Zusammenhang:
Effektiver Zündwinkel = Kraftstoffqualität [%] x Zündwinkel Hochoktankennfeld + (100 % - Kraftstoffqualität [%]) * Zündwinkel Niedrigoktankennfeld
Der Wert für die Kraftstoffqualität wird dabei durch das Motorsteuergerät anhand der Tätigkeit der Klopfsensoren festgelegt. Liegt keine Tätigkeit vor, so beträgt der Wert 100%. [JG]
Alle Angaben ohne Gewähr!