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Sachmangelhaftung (Gewährleistung) - was ist das?

I. Einleitung

In vielen Diskussionen kommt es immer wieder zu, in meinen Augen, verfehltem Gebrauch der Begriffe Kulanz, Sachmangelhaftung und Garantie. Dieses Dokument soll im Streitfall keine Rechtsberatung ersetzen sondern vielmehr einen ersten Überblick für den Privatgebrauch geben.

 

 

II. Sachmangelhaftung

Sachmangelhaftung oder Gewährleistung bezeichnet eine Pflicht des Verkäufers, die aus dem Kaufvertrag entstehen kann. So schuldet der Verkäufer dem Käufer grundsätzlich eine Sache, die frei von Sachmängeln ist, § 433 Abs. 1 S. 2 BGB.

1. Sachmangel bei Gefahrübergang

Zunächst muss daher geklärt werden, was ein Sachmangel ist. Grundsätzlich versteht man darunter die Abweichung der tatsächlichen von der vereinbarten Beschaffenheit der Sache, § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Wurde keine Beschaffenheit im Kaufvertrag vereinbart, so ist auf die im im Kaufvertrag vereinbarte Verwendung abzustellen, § 433 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB. Auch solch eine Regelung wird sich oft im Vertrag nicht finden lassen. Daher ist auf die gewöhnliche Art der Verwendung abzustellen, § 433 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. Die Sache muss demnach die Beschaffenheit aufweisen, die man normalerweise erwarten darf.

Beispiel: Ein Gebrauchtwagen weißt erhebliche Roststellen an der Karosserie auf. Ist vertraglich nichts vereinbart, ist auf die Beschaffenheit für die Bestimmung des Sachmangels abzustellen, die man normalerweise erwarten darf. Wie sieht das nun bei einem Fahrzeug in Bezug auf Rost aus? Nun, dies ist abhängig vom Alter und dem Fahrzeugtyp. Manche Fahrzeuge neigen viel stärker zum Rost als andere. Rostet ein Wagen an einer untypischen Stelle, ist er sehr jung oder hatte er gar eine Vorbeschädigung an dieser Stelle, so liegt ein Sachmangel vor.

 Entscheidend ist jedoch, dass der Sachmangel bereits bei Gefahrübergang vorlag, § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Gefahrübergang bestimmt sich regelmäßig nach § 446 BGB und ist in der Übergabe der Sache zu sehen. Der Mangel muss, um Rechte aus Gewährleistung geltend machen zu können, also bei der Übergabe der Sache bereits angelegt gewesen sein.

2. Kein Ausschluss der Gewährleistung

Die Gewährleistung kann freilich vertraglich ausgeschlossen werden (Umkehrschluss aus § 444 BGB). In der Praxis bedeutet dies, dass ein Verkäufer nicht haftet, wenn im Kaufvertrag ein solcher Ausschluss wirksam vereinbart wurde.

 Merke: Als Verkäufer immer die Gewährleistung im Kaufvertrag ausschließen! Tut man dies nicht, so haftet man regelmäßig zwei Jahre, § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB, für Sachmängel.

Ein solcher Ausschluss kann jedoch unwirksam sein.

 Exemplarisch sei hier der sogenannte Verbrauchsgüterkauf genannt. Ein solcher liegt gem. § 474 Abs. 1 BGB vor, wenn ein Unternehmer (zB Händler) einem Verbraucher (zB Privatperson) eine bewegliche Sache verkauft. Liegt ein solcher Kauf vor, so darf die Sachmangelhaftung gem. § 475 Abs. 1 BGB nicht ausgeschlossen werden.

Merke: Ist der Verkäufer ein Unternehmer und man selbst Verbraucher, so ist ein Gewährleistungsausschluss nicht möglich!

Damit sind nicht nur Händler gemeint, sondern auch sonstige Unternehmen (Firmenfahrzeuge).

Weiterhin ist der Ausschluss jedenfalls dann unwirksam, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, § 444 S. 2 1. Alt BGB. Dies gilt auch für den Fall, dass der Käufer von der Mangelhaftigkeit der Sache wusste, § 444 S. 1 BGB.

 Merke: Als Verkäufer soviele Mängel wie möglich im Kaufvertrag angeben!

Auch ist ein Ausschluss unwirksam, wenn der Verkäufer eine Beschaffenheitsgarantie gegeben hat, § 444 S. 2 2. Alt BGB.

Beispiel: In einer Ebay-Auktion wird ein Fahrzeug beschrieben. Unter anderem wird der Tempomat hervorgehoben. Nach dem Kauf stellt der Käufer fest, der Tempomat funktioniert nicht. Hier hat der Verkäufer eine Beschaffenheitsgarantie abgegeben. Selbst bei im Übrigen wirksamen Gewährleistungsausschluss, haftet er dafür, dass ein funktionsfähiger Tempomat verbaut ist.

Merke: Als Verkäufer so wenig Ausstattung und Angaben zum Fahrzeug im Kaufvertrag machen wie möglich!

3. Beweislast

Grundsätzlich trägt die Partei im Zivilprozess die Beweislast, die eine widersprochene Behauptung aufstellt. Der Käufer muss also dem Verkäufer nachweisen, dass ein Sachmangel bei Übergabe der Sache vorlag. Diese grundsätzliche Regelung wird beim Verbrauchsgüterkauf (Unternehmer verkauft an einen Verbraucher) durchbrochen. Demnach liet die Beweislast für sechs Monate beim Verkäufer, § 476 BGB. Stellt also der Käufer einen Anspruch, so muss der Verkäufer das Gegenteil beweisen.

4. Fristen

Die Gewährleistungsfrist beträgt in den meisten Fällen zwei Jahre, so nicht abweichend vereinbart, § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Eine nachteilige abweichende Vereinbarung ist gem. § 475 Abs. 2 BGB im Verbrauchsgüterkauf nur bei gebrauchten Sachen statthaft. Hier darf die Gewährleistungsfrist auf ein Jahr verkürzt werden. Bei neuen Sachen müssen mindestens zwei Jahre vereinbart sein.

5. Ansprüche des Käufers

Die Ansprüche des Käufers richten sich nach § 437 BGB. Zunächst hat der Verkäufer das Recht der zweiten Andienung, also der Nacherfüllung gem. § 439 Abs. 1 BGB. Gleichwohl kann der Käufer wählen, welche Art der Nacherfüllung er wünscht, Nachbesserung (1. Alt) oder Nachlieferung (2. Alt).

 Nachbesserung meint die Beseitigung des Mangels an der ursprünglichen Kaufsache.

Nachlieferung meint das Bereitstellen einer Sache gleicher Art und Güte, was bei Neuwagen kein Problem darstellt, bei Gebrauchtwagen jedoch recht umstritten ist (Stichwort: Gibt es überhaupt noch einen Wagen mit genau der Ausstattung, Abnutzung und km-Stand?).

Merke: Wer mit einem Fahrzeugkauf ins Klo gegriffen hat, prinzipiell es jedoch nochmal mit dem gleichen Fahrzeugtyp versuchen will, sollte auf Nachlieferung drängen.

Gem. § 439 Abs. 2 BGB ist dies für den Käufer völlig kostenfrei. Es fallen so auch keine Nutzungsentgelte an für die gefahrenen Kilometer!

Verweigert der Verkäufer die Nacherfüllung, schlägt sie fehl oder ist sie unmöglich, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten gem. §§ 346 Abs. 1, 323, 326 Abs. 5, 437 Nr. 2, 440 BGB. Hier sind jedoch die gezognene Nutzungen (also der Wertverlust des Fahrzeugs) gem. § 346 Abs. 1 BGB zurückzugewähren.

Merke: Wird ein Fahrzeug "gewandelt" - korrekter: Wird der Kaufvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt - so entstehen für den Käufer beträchtliche Kosten.

Sein Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung wird also um den Wertverlust gemindert. Auf die weiteren Rechte des Käufers, Minderung, Schadens- und Aufwendungsersatz soll hier nicht näher eingangen werden.

6. Kettengewährleistung

Hoch umstritten ist derzeit noch das Thema der sogenannten Kettengewährleistung. Folgt man dem Wortlaut des Gesetzes, beginnt die Verjährungsfrist mit der Lieferung einer mangelfreien Sache. War die Sache also bei der Übergabe mangelhaft, so wird erst mit der Nacherfüllung erfüllt. Somit beginnt erst mit der Nacherfüllung die Verjährungsfrist von vorn (OLG Nürnberg, Urteil vom 23.08.2005 – 3 O 991/05).

Beispiel: Bei einem Auto versagt nach drei Monaten das Getriebe. Der Händler erkennt den Sachmangel an und baut ein neues Getriebe ein. Nach weiteren 23 Monaten, also 26 Monate (zwei Jahre und zwei Monate) versagt das Getriebe erneut wegen eines Produktionsfehlers. Hier haftet der Händler obschon mehr als zwei Jahre seit dem Kauf vergangen sind. Maßgeblich ist die vergangene Zeit seit der letzten Nacherfüllung.

Um dies zu umgehen, setzen die Händler auf Kulanz. Damit wird der Sachmangel nicht anerkannt, und die Beanstandung aus freien Stücken behoben.

7. Nacherfüllungsort

Für viele Käufer ist außerdem ärgerlich, dass man oft weite Anfahrtswege zum Verkäufer in Kauf nehmen soll, wenn das Produkt mangelhaft ist. Das Gesetz trifft in § 267 BGB Regelungen zum Erfüllungsort. Explizite Regelungen zum Nacherfüllungsort finden sich dort nicht. Folgt man dem Bundesgerichtshof (X ZR 97/05), so ist Nacherfüllungsort, wo sich die Sache vertragsgemäß zum Zeitpunkt der Gewährleistung befindet. Dies gilt natürlich nur, so nichts abweichend im Kaufvertrag festgehalten wurde.

Allerdings kann sich der Nacherfüllungsort auch beim Verkäufer befinden. Immer dann, wenn für die Nachbesserung besondere Werkzeuge usw. nötig sind, hat der Käufer die Sache zum Verkäufer zu bringen (BGH VIII ZR 220/10). Allerdings hat dann der Verkäufer den Transport zu bezahlen. Auf gut Deutsch: Ein kostenloser Leihwagen sollte mindestens drin sein!

Merke: Als gewährleistungspflichtiger Verkäufer unbedingt den eigenen Geschäftssitz als Nacherfüllungsort definieren. Als Käufer den Verkäufer, bei fehlender Regelung, darauf hinweisen, dass er da nachzuerfüllen hat, wo sich das Fahrzeug derzeit befindet.

8. Sachmangelhaftung und Wartung

Grundsätzlich ist zu empfehlen, dass die Sache nach Herstellervorschriften gewartet wird. Dies muss nicht notwendigerweise in einem Servicebetrieb des Herstellers passieren (siehe KFZ-Gruppenfreistellungverordnung 461/2001).

 Aber auch dann, wenn eine Wartung versäumt wurde, kann weiter ein Anspruch auf Sachmangelgewährleistung bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn der Käufer nachweisen kann, dass der Mangel auch bei vorgeschriebener Wartung aufgetreten wäre (OLG Koblenz, Urteil v. 08. 03. 2007, 5 U 1518/06).

Merke: Die Sachmangelhaftung erlischt auch dann nicht zwingend, wenn keine Wartung vorgenommen wurde.

Allerdings liegt hier die Beweislast beim Käufer. Besser daher die vorgeschriebenen Inspektionen durchführen zu lassen. Dies kann allerdings in einer freien Werkstatt erfolgen.

9. Veränderungen am Fahrzeug

Sollte sich der Käufer entscheiden, Änderungen am Fahrzeug vorzunehmen, so erlischt die Sachmangelhaftung, wenn der Mangel auf die Veränderung zurückgeht. Die Beweislast liegt hier regelmäßig beim Käufer. Kommt also ein Gutachter zu dem Schluss, dass der Mangel auf die Veränderung mit einer wenn auch noch so geringen Wahrscheinlichkeit zurückzuführen sein kann, so kann dieser nicht mehr im Rahmen der Gewährleistung geltend gemacht werden.

10. Selbstvornahme?

Sollte ein Mangel auftreten, so ist dem Verkäufer zwingend das Recht der zweiten Andienung einzuräumen. Im Kaufrecht ist eine unmittelbare Selbstvornahme, also das Beheben des Mangels und die Liquidierung der Aufwendungen beim Verkäufer, nicht vorgesehen.

Umgeht man also das Recht des Verkäufers auf Nacherfüllung, erlischt möglicherweise jeglicher Anspruch gegen diesen. Daher ist anzuraten den Verkäufer zur Nachbesserung oder Nachlieferung inklusive einer entsprechenden Frist aufzufordern.[JG]

Hinweis - Recht

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