I. Einleitung
In den Kreisen der Auto-Enthusiasten sind Individualisierungen seit Beginn des motorisierten Individualverkehrs an der Tagesordnung. Natürlich könnte man in weiten Bereichen über die technische Sinnhaftigkeit vieler Modifikationen trefflich streiten. Schlimmer wiegt jedoch, dass sich ein Großteil dieser sich nicht mit dem Willen des Verordnungsgebers in Einklang bringen lässt. Gleichwohl werden nur wenige für Halter und Fahrer eines umgebauten Fahrzeuges folgenreich und damit juristisch interessant.
II. Begriffsbestimmung
Zunächst gilt zu klären, was unter einer Betriebserlaubnis (BE) im Lichte der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) zu verstehen ist. Um dies zu erschließen, sind Sinn und Zweck der StVZO kurz zu umreißen. So ist es nach allgemeiner Auffassung deren Ziel, die Betriebssicherheit des Fahrzeuges zu gewährleisten (Xanke, Peter: Praxiskommentar Straßenverkehrsrecht – Feller, Sabine, § 19 StVZO Rn. 2; Karlsruhe DAR 2004, 715; Stuttgart VRS 67, 379). Im Lichte dieser Wirkungsrichtung stellt die Betriebserlaubnis gem. § 19 ff StVZO hiernach wohl die Anerkennung der Vorschriftmäßigkeit des Fahrzeuges dar (OLG Hamm, NJW 2006, 243).
III. Gesetzliche Normierungen
Gesetzliche Regelungen finden sich in den §§ 19 bis 22 StVZO. § 19 regelt dabei die Erteilung (Abs. 1), die Wirksamkeit einer erteilten (Abs. 2 S. 1), das Erlöschen der BE (Abs. 2 S. 2 Nr. 1-3) und welche Fahrten nach Erlöschen der BE durchgeführt werden können (Abs. 5). Regelungen für die EG-Typgenehmigung wurden in Abs. 7 normiert. Weitere Details finden sich in den darauffolgenden Normen:
§ 22a stellt keine BE dar. Vielmehr normiert sie die Bauartgenehmigung für Fahrzeugteile.
IV. Erlöschen der Betriebserlaubnis
Eine einmal erteilte BE kann nach den sehr restriktiven auszulegenden Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 1-3 erlöschen. Hierfür müssen zumindest am Fahrzeug willentlich Änderungen vorgenommen worden sein. Änderungen meint dabei das Entfernen, Austausch, Verbinden, Abändern oder Hinzufügen von Fahrzeugteilen (Hentschel, Peter: Straßenverkehrsrecht – Dauer, Peter, 5 StVZO § 19, Rn. 6).
§ 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 reglementiert die Änderungen an der Fahrzeugart. Grund hierfür sind vor allem steuerliche Aspekte aber auch Fragen der Fahrerlaubnis. So kann, vereinfacht, zB ein Mofa durch Entfernen der verbauten Begrenzer als ein Moped zu erfassen sein. Möglicher Grund wäre eine über einen Grenzwert gestiegene bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit. Dies würde massive Auswirkungen auf die benötigte Führerscheinklasse haben. Davon abzugrenzen ist jedoch die Aufbauart. Wird diese geändert, zB aus einem Coupé ein Cabriolett gemacht, so ist Nr. 1 nicht einschlägig. Vielmehr ist auf die Ausführungen zu Nr. 2 zu verweisen.
Äußerst praxisrelevant ist Nr. 2. Ist durch eine Änderung die Gefährdung von Verkehrsteilnehmer zu erwarten, erlischt die BE ebenso. Verkehrsteilnehmer meint dabei nicht nur Dritte wie Fußgänger, Radfahrer und andere Fahrzeugführer sondern auch den Fahrzeugführer selbst und dessen Insassen (Hentschel, Peter: Straßenverkehrsrecht – Dauer, Peter, 5 StVZO § 19, Rn. 8). Die erwartete Gefährdung geht über die Möglichkeit einer Gefährdung hinaus. Vielmehr muss die Gefährdung ein gewisses Maß an Wahrscheinlichkeit haben (zuletzt AG Eggenfelden DAR 2006, 404 mwN). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Änderung oder mangelhafte Montage Fahrzeugteile betrifft, die für die Verkehrssicherheit von herausragender Relevanz sind. Ist eine Gefährdung nicht zu erwarten, kann ein möglicher Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvorschrift im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens entsprechend abgegolten werden.
Abschließend sei auf Nr. 3 eingegangen. Hiernach ist eine Verschlechterung des Abgas- oder Geräuschverhaltens erforderlich. Betonung liegt hierbei auf Verschlechterung. Eine bloße Beeinflussung ist unzureichend (BR-Drs 629/93). Exemplarisch seien an dieser Stelle auf Änderungen am Ansaug- oder Abgastrakt verwiesen. Ebenso ist dieser Tatbestand bei Elektronikoptimierung (Chiptuning) einschlägig (OLG Karlsruhe, NJW 2007, 443).
Die BE erlischt trotz Änderungen jedenfalls dann nicht, wenn: Die angebauten Teile eine Bauartgenehmigung nach § 22a haben oder die Änderung in der BE des Fahrzeuges bzw der Bauartgenehmigung inkludiert ist (dies müsste dann so in der Bauartgenehmigung, TeileBE oder BE zu finden sein) oder für die angebauten Teile eine BE iS von § 22 vorliegt oder eine Genehmigung nach ECE-Regelung oder EWG-Richtlinien einschlägig ist oder eine EWG –Bauartgenehmigung, EWG-BE oder EG-Typgenehmigung vorhanden ist und alle Auflagen entsprechend beachtet wurden sowie nötigenfalls begutachtet wurden bzw. der Termin zur Begutachtung bereits vereinbart wurde (BMV VkBl 1994, 151ff.).
V. Rechtsfolgen
Gem. § 5 Abs. 3 FZV, § 19 Abs. 2 S. 5 StVZO genügt bereits der Anlass für die bloße Annahme, dass ein Erlöschen der BE vorliegen könnte, für die Anordnung der Verwaltungsbehörde das Fahrzeug bei einem amtlich anerkannten Sachverständigen, Prüfers oder Prüfingenieurs vorzuführen. Dabei handelt es sich nicht um einen beliebigen KFZ-Sachverständigen (VkBl 06, 615). Hierbei wird geklärt, ob das Fahrzeug tatsächlich von der StVZO abweicht. Ist dies der Fall, ist die Vorführung kostenpflichtig. Statt einer Vorführung (oder auch zusätzlich zu dieser, die Behörde kann dies parallel anordnen) kann die Behörde auch das Einholen eines Gutachtens zur späteren Vorlage verlangen. Auch hier kann nicht ein beliebiger Sachverständiger konsultiert werden. Wird das mögliche Erlöschen der Betriebserlaubnis im Rahmen der Hauptuntersuchung erkannt, darf keine neue Prüfplakettezugeteilt werden.
Zusätzlich zu den zuvor genannten Punkten kann die Zulassungsbehörde den Betrieb des Fahrzeuges beschränken oder untersagen, § 5 FZV.
Daneben liegt gem. § 24 StVG eine Ordnungswidrigkeit vor. Für die Höhe des Verwarn- oder Bußgeldes ist die Erkennbarkeit der Veränderung grundsätzlich maßgeblich (Xanke, Peter: Praxiskommentar Straßenverkehrsrecht – Feller, Sabine, § 19 StVZO Rn. 15). Der Regelsatz liegt gem. Lfd. Nr. 175 BKatV bei 50 € zzgl. Verwaltungsgebühr und drei Punkten im Verkehrszentralregister. Dieser Regelsatz setzt Fahrlässigkeit des Betroffenen voraus. Für die Bußgeldstelle ist hierbei nicht selten entscheidend, wer die Veränderungen vorgenommen hat. War es der Halter selbst, obliegt es ihm sich entsprechend kundig zu machen (OLG Hamm, VRS 1964, 62). Ein sehr hoher Maßstab wird auch beim Gebrauchtwagenkäufer angesetzt. Allerdings reduziert sich diese Erkundungspflicht bei dem Kauf eines neuen Autos deutlich. So darf man den Aussagen des Händlers beim Neuwagenkauf vertrauen (BayObLG, VRS 1962, 68) bzw. sie entfällt beim Neukauf vom Vertragshändler (BayObLG DAR 1986, 154). Entsprechend der Schwere der Verfehlung gegen die Erkundigungspflicht kann das Bußgeld angepasst werden.
Kommt es zum Versicherungsfall, so sind regelmäßig Vorschäden anzugeben. Ein Fahrzeug mit erloschener Betriebserlaubnis ist als geschädigt einzustufen (OLG Köln 9 U 3/08). Wird der Versicherungsnehmer dazu befragt, und gibt er über die Veränderungen keine Auskunft, auch wenn diese nicht ursächlich für den Schadenseintritt geworden sind, so könnte man ihm gem. § 7 Abs. 1 UAbs. 2 S. 3 AKB eine Anzeigeobligenheitsverletzung vorwerfen und entsprechenden Regress nehmen.
VI. Praxis
Nicht jedes Erlöschen der BE wird direkt die Ordnungshüter auf den Plan rufen. Denn diese können, nach pflichtgemäßem Ermessen, entscheiden, ob sie tätig werden (Entschließungsermessen).
Hinzu kommt, dass die zuständige Behörde das Straßenverkehrsamt ist und nicht, wie oft angenommen, die Landespolizei.
Das Entschließungsermessen reduziert sich jedoch immer weiter, umso einschneidender die Veränderungen am Fahrzeug sind. Entsprechend sind auch die Rechtsfolgen zu werten. Wird ein Fahrzeug bspw bei Nacht mit manipuliertem Abblendlicht angehalten, so ist eine Weiterfahrt regelmäßig unverantwortlich und zu untersagen. Wird dasselbe Fahrzeug hingen am Tage aufgegriffen, so ist mglw. eine Beschränkung der Weiterfahrt nur für das Tageslicht verhältnismäßig. Ist die Beweislage unklar oder nur schlecht für die Beamten vor Ort dokumentierbar, so wird nicht selten zur sofortigen Zwangsvorführung gegriffen. Hierfür ist, bei untersagter Weiterfahrt, ggf eine Sicherstellung zur Beweissicherung unumgänglich.
Das Kostenrisiko für Halter und Fahrer ist demzufolge entsprechend groß. Neben dem Ordnungswidrigkeitenverfahren (regelmäßig mindestens 50 € zzgl Verwaltungsgebühr, zzgl 3 Punkte) sind die teilweise enormen Kosten für Begutachtung, Verbringung des KFZ und Gebühren der Behörde zu tragen.[JG]
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