Allgemeines:
Relevante Ausstattung:
Technische Daten:
I. Einleitung
Ich komme aus einem reinen V8-Haushalt. Gleichwohl würde ich mich schon als Autonarr bezeichnen, der auch Freude an kleinen Motorisierungen finden kann.
II. Antrieb
Nach dem ersten Anlassen war ich so auch überaus positiv überrascht, dass der 200er gefühlt erheblich kultivierter zur Sache ging als sein großer Bruder im Vor-MoPf (C 250 CDI). Sanft gefahren arbeitet das Triebwerk doch recht unmerklich und weit weniger dröhnend als erwartet. Die Automatik hält, im Modus „E“ die Drehzahlen ordentlich niedrig, auch wenn sie einen Tick zu adaptiv ist. Damit meine ich, dass die kleinste schnelle Zuckung im Gasfuß sofort mit höherer Drehzahl quittiert wird. Das ist einerseits nett, weil nur so Leistung anliegt (dazu gleich mehr), andererseits nervig, weil man das in 99% der Fälle gar nicht beabsichtigt hat. Neu für mich war auch das Start-Stop-System. Es funktionierte ausgesprochen zuverlässig – auch in Zusammenarbeit mit der Distronic Plus (dazu auch gleich mehr) – ist über Tastendruck beliebig deaktivierbar und hat mich tatsächlich nur in einer Situation genervt: Beim Anhalten um den Rückwärtsgang einzulegen / den Wagen abzustellen. Fuß auf der Bremse. Fahrzeug hält an. N/R/P wird eingelegt. Motor läuft wieder. Bei hier beschriebener Fahrweise verbrauchte der C 200 CDI bei mir im Drittelmix (Autobahn maximal Richtgeschwindigkeit) rund sechs Liter inkl Klimaanlage und drei Kaltstarts.
Wo viel Lob, da auch viel Tadel. Der Motor eignet sich ausschließlich zum ruhigen fahren. Zwar suggerieren die 9,2s auf 100km/h Herstellerangabe ein ordentlichen Sprintvermögen. Dies ist nach meiner Auffassung allerdings völlig nebensächlich, solange der Wagen eine fast schon lebensgefährliche Anfahrschwäche besitzt. So vorzüglich das Start/Stop auch funktioniert (man nimmt den Fuß von der Bremse und bevor ich auf dem Gas bin, läuft der Motor schon), so wirklich beschissen ist die Leistungsentfaltung bei niedrigen Drehzahlen. Wenn der Turbo dann kommt, geht es auch ausreichend von der Kreuzung weg, aber bis dahin…ohje. Gleiches gilt für das zügige Überholen auf der Landstraße. Denkt man mit dem 220 CDI zwar „mehr wäre schön aber nicht notwendig“ werden die Überholvorgänge mit dem 200 CDI dann doch langsam unsicher lang. Dies entspricht nicht meiner Vorstellung von Fahrsicherheit. So habe ich keine Lust an jeder kritischen Kreuzung den Wandler „aufzuladen“ oder eben mir die Reifen platt zu stehen bis eine passende Lücke auszumachen ist.
Fahrdynamik sollte man ebenso nicht erwarten. Wird eine Kurve scharf angebremst und will man aus dem Scheitel heraus sauber beschleunigen, so ist dies schwierig bis unmöglich. Da wäre zum einen das riesige Turboloch, was auch beim Vorselektieren der Fahrstufe ein sauberes Dosieren mir nicht erlaubt hat. Zum anderen ist das Heck im Grenzbereich aufgrund des plötzlichen, unkontrollierbaren Drehmomentanstiegs schwieriger ohne ESP-Eingriff auf Kurs zu halten als das eines E 63 (kein Witz). Nun wundern mich viele Beschwerden von Postern über mangelnde Traktion im Winter nicht mehr. Wird der Wagen scharf gefahren (aber legal) wird es schon sehr schwer ihn deutlich über die zehn l/100km zu bringen. Das geht mehr als in Ordnung. Eine Anmerkung zur 7g-Tronic Plus: Diese arbeitet erheblich auffälliger als die 5g-Tronic. Man merkt leider viel zu oft, dass sie ihren Dienst verrichtet.
III. Fahrwerk und Bremse
Das Fahrwerk ist kein Vergleich zum 211er (Airmatic-DC) oder 212er. Leicht poltrig, sehr straff. Die Lenkung ist fast schon einen Tick zu nervös für einen Mercedes. Der Fahrkomfort leidet merklich unter dieser Auslegung. Trotz dieser „pseudo Sportlichkeit“ untersteuert der Wagen erheblich – ja trotz 17“ Bereifung sogar deutlicher als ein 211er mit Mischbereifung! Ich fürchte fast, dass dies der schlechten Leistungsentfaltung geschuldet ist. Man will wohl ein Leistungsübersteuern um jeden Preis verhindern (was auch gut so ist). Das Einlenkverhalten hingegen ist OK, ebenso wie die Rückmeldung des Fahrzeugs. Der Wagen reagiert auch auf schnelles Wedeln sehr sicher, wenn auch wenig fahraktiv.
IV. Elektronik
Hervorheben muss ich an dieser Stelle die Regelelektronik. Das ESP hat den Wagen extrem gut im Griff – sehr sanft. So wie ich das von den V8 211er (MoPf) und 212er kenne. Kein Vergleich zu zuvor gefahrenen Dieseln (204 Vor-MoPf / 212er), wo das ESP immer etwas ruppiger war (sicherlich auf einem hohen Niveau). Extrem beeindruckt hat mich das ABS, was bei einer Vollbremsung auf nasser Fahrbahn das Fahrzeug zu 100% kontrollierbar hielt. Die Distronic Plus arbeitet völlig unauffällig und einwandfrei inkl Start/Stop. Einzig ist mir aufgefallen, dass sie subjektiv etwas sensibler im Passivbetrieb als die des 212er reagiert (Softwarstand?!). So werden Hindernisse durch Warnton deutlich früher und öfter angezeigt. Die restlichen Helferlein waren in Ordnung und ohne Auffälligkeiten. Dies gilt insbesondere für das ILS mit Fernlichtassistent. Manuelle Eingriffe waren nicht nötig. Einzig die Möglichkeit manuell Fernlicht zu geben (ohne Lichthupe) fehlt mir nach wie vor. Eine Schau sind die neuen Brenner mit bis zu 3 600 Lumen – diese werde ich mir definitiv nachrüsten (mehr Informationen)!
V. Innenraum
Lichtjahre zum Vor-MoPf. Das Design wirkt frisch, die Oberflächen endlich in Ordnung (ich vermeide das Wort „gut“). Eine Frechheit ist jedoch das Becker-Navi. Vor zehn Jahren fuhr ich Opel Omega mit NCDC 2015. Ein Siemens-Navi mit Farbbildschirm und Kartendarstellung. Dieses Navi war bei Eingaben und Berechnung schneller und hatte keine schlechtere 2D-Kartendarstellung. Auch war diesem System - anders als dem Becker - eine fehlerhafte Fahrzeugpositionierung fremd. Das Becker schafft es nämlich teilweise nicht in engen Häuserschluchten oder bei plötzlichen Richtungswechseln die aktuelle Position zu bestimmen. Für mich eine ganz große Enttäuschung. A pro pos Opel: Sowohl Anordnung des Bildschirms als auch Innenraumdesign erinnern mich sehr stark an die Opel Vectra C1 / Omega B2. Selbst kleine Details wie die Einblendung der Klima-Daten in den Bildschirm bei Änderung sind völlig analog übernommen worden. Positiv hingegen das Soundsystem. Der Wagen hatte kein H&K, war aber trotzdem aus meiner Warte als wenig audiophiler Mensch völlig ausreichend bestückt.
VI. Mängel im Fahrbetrieb
Bei zügiger Fahrweise war die Bremse bereits auf der Landstraße (Geschwindigkeiten nicht über 120 km/h!) an der Kotzgrenze. Völlig unverständlich, was Mercedes da verbaut (siehe auch meine Einlassungen zum E 220T CDI). Bei gleicher Fahrweise und teilweise deutlich höheren Geschwindigkeiten gab es keinerlei Beanstandungen an anderen Mercedes-Bremsen (zB E 500 T). Es kann doch nicht sein, dass eine Bremse keine Landstraßenhatz überlebt – wie soll das erst bei einer Passfahrt mit beladenem Auto werden? Mercedes kann es besser. Hier wird am falschen Ende gespart!
Negativ haben mich auch Klappergeräusche von außen überrascht. Fährt man mit geöffneten Fenstern, so klapperte es unter dem Auto wie ein loses Blech. Ich dachte zunächst an die Bremsklötze, aber das Geräusch verschwand auch nicht bei getretener Bremse. Zur Erinnerung: Der Wagen hatte 2 000km…
Auch der Innenraum war nicht frei von Knistern. Alles Dinge, die man vom 211er MoPf / 212er gar nicht kennt. Das gilt ebenso für die neuen Plastikknöpfe, die zwar toll aussehen (so schön silbern lackiert) aber sich beschissen anfühlen.
VII. Fazit
Ein toller Wagen für den ruhigen Fahrer. Die Elektronik hat einen riesigen Sprung gemacht (alleine das ABS ist eine Wucht im Notfall). Automatik (bis auf Rucken) und Start/Stop überzeugen völlig. Für mich ein echter Technologiefortschritt wenn nicht –Sprung. Strong Buy, wäre da nicht der Preis. Sorry Mercedes aber 50 000 € für die Kiste…dann müsste Verarbeitung und Haptik noch ein Ticken besser sein und vor allem: Die von mir gemachte Kritik (Anfahrschwäche, Bremsen, Navi) wirken im Lichte dieser UVP völlig deplatziert.
VIII. Weiterführende Informationen
...[JG]
Dieser Fahrbericht stellt meine subjektive Meinung dar. Er erhebt keinen Anspruch auf tiefgreifende Analysen sondern soll nur Eindrücke wiedergeben.